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Zivilgesellschaft und Expert:innen reagieren auf die Krise in der ukrainischen Antikorruptionsinfrastruktur

  • iborzilo
  • 29. Juli
  • 2 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 30. Juli

Am 23. Juli veranstalteten das Deutsch-Ukrainische Büro (DUB) und der German Marshall Fund (GMF) ein Online-Briefing, an dem über 120 Teilnehmer:innen teilnahmen. Die unter der Chatham House Rule durchgeführte Sitzung wurde von DUB-Geschäftsführer Mattia Nelles moderiert und widmete sich der sich zuspitzenden Krise rund um die Unabhängigkeit der ukrainischen Antikorruptionsinstitutionen.


Unter den Redner:innen des Fachgesprächs waren:

Semen Krywonos, Direktor, Nationales Antikorruptionsbüro der Ukraine (NABU)

Daria Kaleniuk, Geschäftsführerin, Antikorruptionszentrum (AntAC)

Martina Bohuslawets, Geschäftsführerin, Antikorruptionszentrum Mezha

Josh Rudolph, Geschäftsführender Direktor, German Marshall Fund


Zentrale Erkenntnisse des Expert:innenbriefings:

  • Antikorruptionsinstitutionen unter Druck: Über 70 Razzien gegen Ermittler:innen des Nationalen Antikorruptionsbüros der Ukraine (NABU), gefolgt von der Verabschiedung des Gesetzes Nr. 12414, das wesentliche Kompetenzen von der NABU und der Sonderstaatsanwalt für Antikorruption (SAPO) auf die Generalstaatsanwaltschaft überträgt.

  • Zivilgesellschaft unter Beschuss: Aktivist:innen wie Vitaliy Shabunin werden strafrechtlich verfolgt. NGOs warnen vor Gesetzen nach Vorbild russischer „Agentengesetze“.

  • Gefahr für den EU-Beitritt: Das neue Gesetz verstößt gegen EU-Vorgaben und gefährdet Finanzhilfen in Milliardenhöhe, den Fortschritt in Cluster 1 der Beitrittsverhandlungen sowie die Bewertung im Erweiterungsbericht.

  • Proteste in der gesamten Ukraine: In Städten wie Kyjiw, Lwiw und Dnipro protestieren vor allem junge Menschen und Aktivist:innen für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.

  • Internationale Reaktionen: EU-Spitzen wie Ursula von der Leyen, António Costa, Emmanuel Macron und Friedrich Merz appellierten persönlich an Präsident Selenskyj, die Unabhängigkeit von NABU und SAPO zu wahren.


Politischer Kontext und Dringlichkeit:

  • EU-Hilfsgelder vorübergehend gestoppt: Die Europäische Kommission hat nach Medienberichten zufolge 1,5 Milliarden Euro aus einer insgesamt 5 Milliarden Euro Tranche aus der Ukraine-Fazilität zurückgehalten – offiziell wegen Reformverzögerungen, de facto auch wegen Rechtsstaatbedenken.

  • Russische Propaganda nutzt die Situation: Der Kreml instrumentalisiert die Krise, um das Ansehen der Ukraine international zu schwächen.

  • Zivilgesellschaft und internationale Partner fordern klare Konsequenzen: Einheitliches und entschlossenes Handeln ist notwendig, um die Unabhängigkeit der Antikorruptionsinstitutionen zu sichern.


Kurskorrektur folgt

  • Selenskyj reagiert mit neuem Gesetzentwurf: Nach massivem Druck der ukrainischen Gesellschaft und der europäischen Partner legte das Präsidialamt am 24. Juli 2025 einen neuen Entwurf (Nr. 13533) vor, der die umstrittensten Bestimmungen des Gesetzes 12414 rückgängig machen soll. NABU und SAPO und die ukrainische Zivilgesellschaft unterstützen den Entwurf, die Verabschiedung durch die Werchowna Rada wird für den 31. Juli erwartet.

  • Erhebliche Risiken bleiben bestehen: Expert:innen warnen vor kurzfristigen Änderungen oder mangelnder Unterstützung im Parlament, die die Reformen aushöhlen könnten. Die Glaubwürdigkeit der Ukraine und ihr EU-Kurs stehen auf dem Spiel.

  • Die Regierung wird jetzt an Taten gemessen: Trotz des problematischen Vorgehens der ukrainischen Behörden und des Parlaments gegen die NABU und SAPO zeigt das schnelle Einlenken der ukrainischen Regierung, dass auf Fehler und Reformrückschritte Kurskorrekturen folgen können. Jetzt gilt es, diese Offenheit der ukrainischen Regierung zu nutzen. Der Verabschiedung des neuen NABU & SAPO Gesetzes (Nr. 13533) sollten weitere Schritte im Bereich der Justizreform folgen. Die Ernennung des neuen Behördenleiters des Büros für Wirtschaftliche Sicherheit (ESBU) sowie Druck auf Zivilgesellschaft (Vitalii Shabunin) und Medien (Ukrayinska Pravda, etc.) gelten zudem als weiterer Prüfstand, wie ernstzunehmend der Kurswechsel ist.


Das Deutsch-Ukrainische Büro beobachtet die Entwicklungen in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit, Regierungsführung und Antikorruptionsreformen weiterhin genau. Weitere Informationen folgen nach der parlamentarischen Behandlung der relevanten Gesetzesentwürfe.


Diese Online-Veranstaltung ist Teil des Projekts „Continuing Successful Anti-Corruption (COSAC) Reform Initiative“, gefördert vom Auswärtigen Amt und umgesetzt durch das Deutsch-Ukrainische Büro (DUB) in Kooperation mit der ukrainischen NGO Center for Democratic Transformation „Mezha“ in der EU und der Ukraine.

 
 
 

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